Und plötzlich platzt die Seifenblase - 1 Jahr danach

Ein Jahr...

ist es nun her, als ich meine Weltreise abbrechen musste. Seit einem Jahr fühlt sich mein Leben an wie auf Pause gestellt. Wartend darauf, dass sich in naher Zukunft die Play-Taste finden lässt und das Leben weitergeht. Ich bin nicht verbittert oder negativ zur Situation eingestellt, sondern ich reflektiere, um zu verstehen. In diesem einem Jahr habe ich gefühlstechnisch mehr erlebt und gelernt als in all den Jahren zuvor. Manchmal denke ich auch zu viel für eine Person. 

Als ich damals zurückkam, lag ich am Boden und versuchte mich irgendwie zu sammeln. Ich konnte nicht mehr schlafen und weinte vor Verzweiflung. Ich fühlte mich wie im goldenen Käfig eingesperrt. Durch die Schliessung der Grenzen und unseres Lebens hatte ich keine Möglichkeit, den Schutz des sicheren Hafens zu geniessen und eine bestimmte Sache zu klären. Nicht zu wissen, wann dies möglich sein wird, brachte mich fast um den Verstand. Noch heute gibt es Menschen, die sich seit einem Jahr nicht sehen dürfen. Wer sich nicht in dieser Situation befindet, kann nicht verstehen, wie es sich anfühlt. Es ist, als würde man bei lebendigem Leib verbrennen und niemand würde deinen hilflosen Schrei hören. 

Und als ich nach Monaten die Möglichkeit bekam, war ich glücklich und traurig zu gleich. Glücklich, weil ich diese Zerrissenheit nicht mehr spürte und traurig um die Wahrheit. 

In diesem Jahr wurde mir mein Herz auf verschiedenste Arten herausgerissen. Und leider durfte ich auch immer wieder erkennen, wie egoistisch die Menschen sind. 

Wo sich Schatten...
 
niederlegt, ist auch Licht, sagt man so schön. So durfte ich in diesem Jahr eine kurze Zeit lang wunderbare Orte in Europa bereisen, alte und neue Freunde treffen, eine Ausbildung abschliessen und an Projekten arbeiten, die hoffentlich schon bald spruchreif sind. 

Die schönste Erfahrung war es aber, als ich Herzlichkeit auf hohem Niveau kennenlernen durfte. Es gibt tatsächlich Menschen, die Helfen ohne eine Gegenleistung dafür zu verlangen.
Diese Menschen wissen nicht mal, von welchem unschätzbaren Wert sie sind. 

Ich bin unendlich dankbar, dass ich solch einen Menschen kennenlernen durfte. Ich würde mir wirklich wünschen, dass dies in der Schweiz keine Seltenheit bleibt, sondern zu einer Selbstverständlichkeit wird. Sind wir doch ehrlich im Grossen und Ganzen geht es uns gut und dennoch kümmern wir uns nur um uns selbst. Wie selten fragen wir jemanden: Wie geht es dir? Nicht als Floskel, sondern als ernst gemeinte Frage. Ich bin mir sicher, nur mit dieser einzelnen Frage und durch Zuhören könnten wir vielen Menschen helfen. Ich stelle hier also die Frage: Warum tun wir es nicht?


In diesem Jahr viel mir auf...

wie wenig Werte wie Wertschätzung, Aufrichtigkeit und Dankbarkeit gelebt werden. Dafür Egoismus und Missgunst umso mehr. Wobei dies sicherlich auch durch Ängste resultiert. Warum können wir uns gegenseitig selten etwas gönnen? Im Beruf kämpfen wir gegeneinander, statt uns zu unterstützen und auch jetzt in der Pandemie, herrscht mehr Unverständnis als Verständnis für einander. Wie viele Male musste ich mir Sätze anhören wie: ,,Du musstest ja nur eine Reise abbrechen. Kannst ja später immer noch reisen.'' 

Wer gibt das Recht zu urteilen? Die Schmerzgrenze ist doch für jeden wo anders und meistens verbirgt sich dahinter noch mehr als man sieht. Ich verstehe auch nicht, wie man sagen kann: ,,Ach, die Teenager beklagen sich, weil sie nicht mehr Feiern dürfen.'' Natürlich auf den ersten Blick sieht es nach einer Nichtigkeit aus. Für sie ist es aber vielleicht wichtig. Wir wissen nicht, wie ihr Leben zu Hause ist, welche Art von Stress sie dadurch abbauen usw. Dies gilt auch für einen Unternehmer, der sein Laden schliessen musste, für die Senioren, die sich nicht zum Kaffee verabreden können und für jeden Einzelnen auf dieser Welt. 

Die Schmerzgrenze, die psychische Verfassung ist unsichtbar, doch gerade deswegen ist es umso wichtiger, wie wir Menschen damit umgehen.

Erzählt jemand seine Geschichte...

durch ein einfaches wie geht es dir, dann bitte lasst die Person nicht fühlen, als wäre es nicht wichtig. Hört zu und zeigt Verständnis. Das wünschen wir uns doch alle nicht wahr? Und es ist das grösste Geschenk, dass wir erhalten können, Vertrauen. Wir sollten es schätzen, nicht urteilen, sondern versuchen zu verstehen, auch wenn es manchmal schwerfällt. Jeder trägt ein Päckchen mit sich, wir sollten es nicht noch schwerer machen. 

All das, was ich letztes Jahr geschrieben habe, würde ich heute genau so wiedergeben. Der Virus ist und bleibt nicht mein Feind, sondern wie wir in solch einer Extremsituation damit umgehen und uns verhalten. Täglich die Zahlen von den Infizierten zu hören, macht mich müde. Vielleicht ist es wichtig, vielleicht auch nicht. Ich würde mir aber wünschen, dass die anderen Zahlen auch genannt werden. Die Anzahl psychisch Erkrankten, die Zahl an häuslicher Gewalt, die Zahl an produziertem Abfall durch die Einweg-Masken usw. Denn diese Zahlen sind für mich genauso wichtig und relevant für unsere Umwelt. 

Ich für meinen Teil habe gelernt, zu verstehen, in meine Stärken zu vertrauen und nicht zu urteilen. 

Ich weiss nicht, in was oder wann ich meine Play-Taste für das Leben wiederfinde. Doch ich Glaube fest daran, dass dieser Tag schon bald kommen wird. Und ich hoffe, ihr macht es mir gleich. 







Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Kuba - Eine Reise in die Vergangenheit

Von der Grossstadt zum Inselparadis

Mehr als nur ein Getränk - Curacao